Tierväter – zwischen Kindsmord und Schwangerschaft

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Montage: Falk Steinborn, Foto: sxc.hu, omar-franc, anissat, officina4

Väter stehen heutzutage vor einer anspruchsvollen Aufgabe. Die Gleichberechtigung hat auch in der Familie Einzug gehalten. Demnach wollen und sollen sie Ernährer, Spielkamerad und Erzieher gleichzeitig sein. Verglichen mit dem, was einige Tierväter für die Aufzucht ihres Nachwuchses leisten ist das nichts. Andere Männchen wiederum möchte man keinem Jungen als Vater wünschen. pflichtlektuere stellt euch einige der kuriosesten Exemplare aus dem Tierreich vor.

Warum es evolutionär betrachtet unabdingbar ist ein guter Vater zu sein und was Väter von ihren tierischen Gegenstücken lernen können erklären Prof. Dr. Bernhard Verbeek vom Lehrstuhl für Zoologie an der TU und der Verhaltensbiologe Carsten Schradin vom Institut für Evolutionsbiologie der Universität Zürich. Ist väterliches Verhalten genetisch veranlagt oder kulturell erlernt?

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Verhaltensbiologe und zweifacher Vater Carsten Schradin ist sich sicher, dass ein guter Vater attraktiv auf Frauen wirkt. dass Foto: privat

Schradin: Kultur liegt in der Natur des Menschen. Man kann das nicht voneinander trennen. Menschen beider Geschlechts haben die genetisch festgelegte Fähigkeit, gute fürsorgliche Eltern zu werden. Es mag leichte genetische Unterschiede diesbezüglich geben, dies hängt aber vor allem von der Umwelt und der individuellen Situation ab. Und diese Faktoren werden natürlich stark von der Kultur in der man lebt beeinflusst.

Warum begnügen sich Männer und Tiermännchen nicht mit der Rolle des Begatters, sondern legen familiäres Verhalten an den Tag?

Verbeek: Eine Beschränkung auf die Begattung gibt es ja auch sehr oft – nicht nur bei Tieren. Lebewesen handeln nach dem Fitnessimperativ der Evolution. Vertreter, die das nicht taten, sind ausgestorben. Deshalb sind alle Organismen darauf programmiert, ihr Erbgut in die nächste Generation zu tragen. Dafür wenden Männchen unterschiedliche Strategien an, die entweder auf Qualität oder Quantität setzen. Monogamie ist eine dieser Methoden bei der in eine kleine Anzahl von Nachkommen viel Zeit, Fürsorge und Energie investiert wird, um deren Überleben zu sichern. Menschen und Elefanten können zu dieser Kategorie gerechnet werden. Die Männchen kümmern sich hier oft mit um die Jungen, um deren Überleben sicherzustellen. Eine quantitative Strategie wenden z.B. Heringe an. Sie legen hunderttausende von Eiern, welche sie dann ihrem Schicksal überlassen. Viele sterben ab oder werden gefressen, aber es überleben auch immer einige.

Die Rolle des Stiefvaters kommt für den Löwen nicht in Frage. Foto: sxc.hu/ jivemm

Die Rolle des Stiefvaters kommt für den Löwen nicht in Frage. Foto: sxc.hu/ jivemm

Sind Stiefväter die schlechteren Väter?

Verbeek: Vermutlich in der Regel ja. Dies ist einer brutalen Logik der Evolution geschuldet. Löwen die als neues Alpha-Männchen in ein Rudel kommen, beißen die vorgefundenen Jungen tot und setzen die schwangeren Weibchen unter Stress um Frühgeburten zu provozieren. Die Männchen verdoppeln so ihre Reproduktionschancen, da die Weibchen schneller wieder empfängnisbereit sind und sich nicht um die „Stiefkinder“ des Löwen kümmern müssen. Bei menschlichen Stiefvätern läuft das natürlich nicht so brutal ab, aber es lässt sich eine bedenkliche Tendenz erkennen. Ihre Kriminalrate bezüglich häuslicher Gewalt gegen Kinder ist deutlich höher als bei leiblichen Vätern. Das gilt übrigens auch für Stiefmütter, daher auch die Märchen. Ursache für diese ungeliebte Verhaltensdisposition ist derselbe evolutionäre Mechanismus wie bei Löwen. Das hohe Investment, das in die Aufzucht von Kindern gesteckt werden muss, rentiert sich nicht, wenn dadurch die eigenen Gene nicht weiterverbreitet werden.

Väter wollen heutzutage immer mehr Anteil an der Aufzucht und Erziehung ihrer Sprösslinge nehmen. Sie tragen ihre Kinder auf den Bauch geschnallt mit sich herum und gehen in Elternzeit. Woher kommt dieser gesellschaftliche Wandel, hin zu einer aktiveren Vaterschaft?

Die klassische Rollenverteilung der Alleinerziehenden Mutter gibt es nicht mehr. Foto: Gerd Altmann /pixelio.de

Die klassische Rollenverteilung der Alleinerziehenden Mutter gibt es nicht mehr. Foto: Gerd Altmann /pixelio.de

Schradin: Zum einen haben Väter heute mehr Zeit für ihre Kinder als früher, was auch anerkannt wird. Die hohe Scheidungsrate könnte ein anderer Grund sein. Windeln wechseln musste der Vater früher nie, aber es war klar, dass er Ernährer ist und das auch bleiben wird. Heute werden fast 50% der Ehen geschieden. Ein guter Vater wird bessere Chancen haben, eine zweite Frau zu finden, als ein schlechter Vater, weil er für die neue Frau als Vater attraktiver ist. Bei den Stichlingen verhält sich dies ganz ähnlich.

Was können Väter von ihren tierischen Pendants lernen?

Schradin: Verantwortliches Verhalten ist sehr variabel und wird dann gezeigt, wenn es für die Männchen von Vorteil ist. Aus dieser Sichtweise ist die Argumentation falsch, dass der Vater der Mutter helfen muss. Dies wäre ein Vorteil für die Mutter und bedeutet die Ausnutzung des Vaters. Damit es sich für den Vater lohnt, Verantwortung zu übernehmen, muss es dadurch vielmehr den Kindern besser gehen.

Väter – sie sind unabkömmlich und manchmal trotzdem nicht da. Sie sind streng, arbeiten viel, die Kinder schauen zu ihnen auf. Und manchmal ist doch alles ganz anderes. Was sind Väter und warum brauchen wir sie? Kann ein Kind zwei Väter haben? Was fühlen Väter und ist ein Mann mit Kind sexy? Die pflichtlektüre ist diesen Fragen gemeinsam mit eldoradio* wissenschaftlich auf den Grund gegangen. eldoradio* sendet den Ultraschall im Zeichen der Väter, auf pflichtlektuere.com geht in dieser Woche jeden Tag ein Väter-Beitrag online.