EU-Praktikum: Vollzeitjob statt Kaffeekocher

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Pakistan, Bangladesch, Indien – Philipp Heuermann ist während seines Studiums der Staatswissenschaften viel rumgekommen. Da erscheint Brüssel als bescheidenes Ziel. Doch der 24-Jährige war nicht zum Sightseeing da, sondern für ein Praktikum im EU-Parlament.

„Mit dem Klischee des Kaffeekochers hatten diese sechs Monate nichts zu tun“, sagt Philipp. Im Gegenteil: Sein Praktikum im Büro des EU-Abgeordneten Elmar Brok war eine Vollzeitstelle. Täglich von 9 bis 18 Uhr waren Philipps Fähigkeiten als Allrounder gefragt: Reden vorbereiten, Reisen planen, Termine koordinieren, Politiker empfangen, E-Mails beantworten – Raum für Auszeiten blieb da kaum. „Das Vorurteil, dass die Abgeordneten im EU-Parlament den ganzen Tag wenig bis gar nichts zu tun haben, stimmt nicht.“

Sein Chef Elmar Brok ist Abgeordneter für den Wahlkreis in Philipps ostwestfälischer Heimat und Vorsitzender des Ausschusses für Auswärtige Angelegenheiten. Ein Posten, der den Ausschlag für Philipps Bewerbung gab: „Außenpolitik ist der Schwerpunkt in meinem Studium für Staatswissenschaften.“ Dass Brok der CDU angehört, spielte hingegen keine Rolle. Philipp ist parteilos.

Während seines Praktikums bestimmten die TTIP-Debatte, die Griechenland-Krise und die Flüchtlingsfrage die politischen Diskussionen in Brüssel. „So nah am Geschehen im Parlament dran zu sein, hat mir einen ganz anderen Blick auf die EU gegeben.“ Philipp findet es schade, dass die Öffentlichkeit beim Thema EU vor allem an die Bürokratie denke, nicht aber an die Möglichkeiten, die durch diese Gemeinschaft entstehen. „Hier passieren jede Menge positive Dinge, die von außen oft gar nicht wahrgenommen werden.“

In Brüssel sammelte der 24-Jährige wertvolle Erfahrungen für seine berufliche Zukunft. Finanziell zahlte er allerdings drauf: Sein Praktikanten-Lohn lag etwa bei 400 Euro monatlich. Das reichte gerade so für die Miete in einer WG mit fünf weiteren Mitbewohnern. Den Lebensunterhalt musste er mit seinem Ersparten finanzieren. „Brüssel ist eine sehr schöne und multikulturelle Stadt, aber eben auch eine sehr teure. Es ging mir aber nicht darum, Geld zu verdienen.“

Für das Brüsseler Stadtleben blieb ihm ohnehin wenig Zeit. Viele Menschen wenden sich direkt an Abgeordnete wie Elmar Brok – meistens telefonisch. Beispielsweise rufen ostwestfälische Landwirte an, die sich über EU-Subventionen informieren möchten. Jean-Claude Juncker war dran, der Kommissionspräsident persönlich. Er wollte Brok sprechen. Worum es genau ging darf Philipp nicht verraten. Denn er hatte eine Verschwiegenheitsklausel unterschrieben.

Was eine berufliche Zukunft in Brüssel angeht, gibt sich Philipp diplomatisch: „Viele Leute, die Staatswissenschaften studieren, landen früher oder später in Brüssel, weil dort einfach die politischen Fäden gezogen werden. Ich kann mir das auch gut vorstellen, wenn auch nicht unbedingt als Politiker.“

Teaserfoto: Philipp Heuermann/ Beitragsbild: Henrik Wittenborn

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