Die Bachelorarbeit: Weniger Zeit = Weniger Qualität?

Kritik am Bachelor gibt es nicht erst seit dem Bildungsstreik: Er enthalte zu viel Stoff für sechs Semester, stöhnen die einen; er sei zu verschult, mokieren die anderen. Und dann ist da noch die weitverbreitete Meinung, auf dem Arbeitsmarkt habe der „neue“ Bildungsabschluss gar keinen Wert. Im Sommer werden nun die ersten großen Bachelorjahrgänge an der Uni Dortmund fertig. Doch bevor die Studenten eine Bilanz ziehen können, müssen sie noch eine letzte Hürde nehmen: Die Bachelorarbeit.

Weniger Zeit für die Bachelorarbeit erfordert mehr Disziplin und Zeitmanagement, Foto: Siola Panke

Weniger Zeit für die Bachelorarbeit erfordert mehr Disziplin und Zeitmanagement, Foto: Siola Panke

Die Abschlussarbeit – Ein Unikat, ein Aushängeschild fürs Leben – oder etwa doch nicht? Klar ist: Mit dem Diplom ist die Bachelorarbeit nicht zu vergleichen. Das zeigt schon ein kurzer Blick auf die Prüfungsordnungen der einzelnen Studienfächer: Zwischen sechs und zehn Wochen haben die Studenten für ihre Arbeit in der Regel Zeit. So sind an der TU Dortmund in Psychologie acht Wochen vorgesehen, in den Wirtschafts- und Sozialwissenschaften bis zu neun Wochen. Mehr Zeit gibt es nur, wenn sich die Studenten an eine empirische Arbeit wagen. Doch auch dann sind maximal drei Monate vorgesehen – genauso wie in vielen naturwissenschaftlichen Fächern. Für die Diplomarbeit hatten Studenten früher mit sechs Monaten doppelt so viel Zeit, um sich Themen intensiv und wissenschaftlich zu widmen.

Bachelorarbeit nicht mehr als eine größere Hausarbeit?

„Die Bachelorarbeit kann man ungefähr mit einer längeren Hausarbeit vergleichen“, sagt Benjamin Slowig. Er studiert Geschichte und Anglistik an der Ruhr-Universität Bochum, wo die Umstellung auf Bachelor und Master größtenteils schon 2001 erfolgt ist. Momentan arbeitet er an seiner Bachelorarbeit in Geschichte. Sechs Wochen Zeit hat Benjamin dafür, maximal 30 Seiten darf die Arbeit lang sein. Das sind nur zehn mehr als bei den anderen Hausarbeiten, die er in seinem Studium bisher verfasst hat: „Viel mehr kann man aber nach drei Jahren Bachelor auch nicht erwarten. Es ist eine wissenschaftliche Arbeit, bei der ich mich auf Sekundärquellen beziehe“, sagt er.
Diese Einschätzung vertritt auch Anika Limburg. Sie ist Mitarbeiterin im Schreibzentrum an der Ruhr-Universität Bochum und lehrt Studenten in Seminaren wissenschaftliches Schreiben. „Wie bei einer Hausarbeit grenzen die Studierenden ihr Thema der Bachelorarbeit ein und bearbeiten eine spezielle Fragestellung. Aber das ist oft schon schwierig genug.“ Denn oft wollten die Studenten viel zu viel: „Die größte Hürde ist erst einmal, ein realistisch bearbeitbares Thema zu finden.“

Ein Berg von Literatur aber weniger Zeit: Mit der Einführung des Bachelor müssen Studenten und Professoren ihre Ansprüche wohl runterschrauben. Foto: Siola Panke

Ein Berg von Literatur aber weniger Zeit: Mit der Einführung des Bachelor müssen Studenten und Professoren ihre Ansprüche wohl runterschrauben. Foto: Siola Panke

Studentenschwäche: Wissenschaftliches Schreiben

Zwar hatten Studenten schon immer Schwierigkeiten beim wissenschaftlichen Schreiben. Das Ganze scheint sich jedoch durch den Bachelor noch verschärft zu haben. Das Studium ist kürzer – die erste Abschlussarbeit kommt schon nach sechs Semestern an der Uni. Zudem sind in vielen Fächern andere, kleinere Prüfungsleistungen gefragt: Klausuren, Referate, Präsentationen – nicht selten heißt es, der Bachelor sei zu „verschult“. „Die Studierenden haben keine Atempause zum Nachdenken. Da ist oft nicht mehr der Raum, um am wissenschaftlichen Schreiben zu feilen“, sagt Limburg.

Der Grund, weshalb Benjamin Slowig vor Beginn der Bachelorarbeit ein Seminar im Schreibzentrum besucht hat: „Mir fiel es schon bei Hausarbeiten immer schwer, mich nicht in der Literatur zu verrennen, noch genug Zeit zum Schreiben und Korrigieren zu haben“, sagt er. Im Schreibzentrum lernen Studenten professionell zu schreiben – dazu gehört auch, das Zeit- und Motivationsproblem in den Griff zu bekommen. Eine Schwierigkeit, die die meisten in ihrem Studium schon irgendwann einmal erlebt haben – was laut der aktuellen HIS-Studie für 18 Prozent der deutschen Studenten sogar ein Grund ist, das Studium abzubrechen.

Vorteil des Bachelor: Studenten arbeiten zeitökonomischer

Nichtsdestotrotz: Die meisten, die es bis zur Bachelorarbeit geschafft haben, wollen auch eine gute Abschlussarbeit abgeben. Anika Limburg kann bestätigen: „Oft kommt etwas Gutes oder sogar Brillantes dabei heraus. Das ist oft der Selbstanspruch der Studierenden.“ Und den haben sie, obwohl für die Bachelorarbeiten meist nur acht bis zwölf Credit Points vorgesehen sind. Einen entscheidenden Vorteil der Bachelorarbeit gegenüber der Diplomarbeit sieht Benjamin Slowig letztlich auch: „So lerne ich schon früh im Studium, zeitökonomisch zu arbeiten und bin vorbereitet – auf die Masterarbeit.“ Und dafür hat er dann später auch länger Zeit.

8 Comments

  • Ja, wenn der Student weniger Zeit zur Verfügung hat, beeinflusst das die Länge der Bachelorarbeit. Allerdings sind max. 30 Seiten innerhalb von 9 Wochen problemlos zu schreiben. Erfahrene Ghostwriter schreiben eine Bachelorarbeit innerhalb 1 Woche. Bei dem geringen Umfang ist genügend Zeit vorhanden, damit eine wertvolle Bachelorarbeit verfasst wird.

  • Lina sagt:

    Dass sich Leute mit Diplom für was Besseres halten, geht m.E. schon mal gar nicht. Schließlich haben sich die, die einen Bachelor machen müssen, das nicht ausgesucht, sondern sind letztlich ja nur die „Opfer“ einer Hochschulreform im Sinne der besseren Verwertung von Akademikern. Umgekehrt sollten sich aber die Bachelors auch bewusst sein, was man ihnen alles an Studienfreiheit genommen hat und warum sie jetzt so durchs Studium gepeitscht werden. Also ein wenig mehr Nachdenken würde beiden Seiten guttun. Vielleicht kann man dann künfig zusammen mal was dran ändern. Die Hoffnung stirbt zuletzt.

  • GhostWriter sagt:

    Nice article, thnx!

  • Julia sagt:

    Ehrlich gesagt hätte ich auch lieber einen Diplom Abschluss. In erster Linie aber nicht weil ich finde, dass ich dann mehr Fachwissen hätte, sondern um diesen Vorurteilen von meinen Mitmenschen und potentiellen Arbeitgebern aus dem Weg zu gehen.

    Zwar finde ich den Bachelor auch sehr verschult, da sehr modularisiert. Diese typische „Studentenfreiheit“ das zu wählen was einem wirklich liegt und da zu sein wann es einen interessiert, gibt es kaum noch. Das bedeutet für mich, unter dem Druck ständiger Anwesenheitslisten und Referatsausarbeitungen, mehr Stress und weniger Zeit für eigenständiges Vertiefen in best. Themenrichtungen. Erst Recht nicht wenn man nebenher arbeiten muss.

    Ich habe bereits zwei Bachelor-Abschlüsse von zwei FH’s und zwei unterschiedlichen Studienrichtungen.

    Und bei beiden war es so, dass sich die Bachelorstudiengänge mit den vorherigen Diplom-Studiengängen deckten.
    Einziger Unterschied war, dass von ehemals 8. Semestern auf 7. Semester reduziert wurde! Und dabei fiel bei beiden Studiengängen, einfach das 2. Praxissemester weg! Das heisst wissenschaftlich, bzw. theoretisch kann im Diplomstudiengang gar nicht wirklich mehr gelehrt worden sein. Einzig und allein gab es jetzt im Bachelor-Studiengang nur noch ein Praxissemester, wobei ich finde, dass dies durch selbst gemachte Praxiserfahrungen vor oder nach dem Studium ausgeglichen werden kann. Zumal es einige Masterstudiengänge gibt, die auch ein Praxissemester vorsehen.
    Wenn ich jetzt noch ein Masterstudium anschließe, das ganze 4 Semester geht, habe ich letzten Endes sogar 11 Semester studiert, statt ehemals 8. Und habe gleich zwei Abschlussarbeiten schreiben müssen. Und bei uns an den FH’s in BaWü, die ich kenne, beträgt die Bachelorarbeit 60 Seiten, viele schreiben aber mehr. Die Diplom-oder Masterarbeit ist natürlich noch umfangreicher.

    Jedenfalls..wenn ich mir das so durch den Kopf gehen lasse…hätte ich lieber Diplom, als mir den oben genannten Stress zu geben, zwei Abschlussarbeiten schreiben zu müssen, und laut Aussage vieler Mitmenschen (natürlich selbst alles Diplomanten) was „Gscheits“.
    Und müsste mir nicht immer anhören, der Bachelor wäre ja nur ein „Vordiplom“.

  • Katha sagt:

    Wer rechnen kann, ist klar im Vorteil: Gegenüber den alten Abschlüssen in den Geisteswissenschaften (Magister und Staatsexamen in 9 Semestern) dauert es bis zum Master sogar ein Semester Regelstudienzeit länger – mit B.A. kann man auf dem Arbeitsmarkt als GeiWi sowieso nichts anfangen und das zurecht. Nur weil ein zweites Prüfungssemester zwischengeschaltet ist, von ‚halbgarem Wissen‘ zu sprechen, ist – freundlich gesagt – von einem ach so überlegnen Menschen mit altem Abschluss ziemlich wenig durchdacht.

  • Sebastian sagt:

    Viele Diploma denken sie seien etwas besseres durch Ihren Diplom-Abschluss und versuchen – ohne jegliches Wissen , den Bachelor herunterzustufen – was ansich Niveauloser und unverschämter ist als sich einfach damit abzufinden. Der Bachelor steht dem Diplom zwar im Wissen nach – aber nur in der extremen Spezialisierung die Eh und das wissen wir alle – im wahren Leben kein Mensch braucht. Ob ich nun 2mal oder 9 mal Ableiten kann ist uninterssant und wird zu 99,9% so oder so nicht gebraucht.

    Wer sich , trotz eines Akademischen Abschlusses, sich herablässt über andere Studierende herzuziehen sollte mal nachdenken, wie oft er selber gefuscht betrogen oder Lerninhalte von anderen benutzt hat und DANN sich an seine eigene Nase fassen.

    Mfg

  • Augustus sagt:

    @Johannes:

    Selten so einen Quatsch gelesen. Zwar ist der Bachelor / Master verschult, aber gemessen am Diplom wird der gleiche Stoff gelernt in einer kürzeren Zeit!

    Heutige Bachelor Studenten müssen mehr leisten als Diplomas. Das finde ich nicht niveaulos, sondern beachtlich!

  • Johannes sagt:

    Die verschulten Bachelor und Master sind gemessen an Diplom, Examen, Magister absolut niveaulos und international bedeutungslos, erst Recht in Deutschland. Innerhalb kürzester Zeit wurden die ehemals überlegenen deutschen Abschlüsse abgeschafft und durch microwellenartig erhitztes Halbwissen ersetzt – wirklich widerwärtig.

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